Polemik gegen die zynische Vernunft

 

1983, vor 33 Jahren, erschien Sloterdijks Buch „Kritik der zynischen Vernunft“ und machte Furore wegen der darin treffend vollzogenen Gesellschaftsbeschreibung.

1983, vor 33 Jahren, erschien Sloterdijks Buch „Kritik der zynischen Vernunft“ und machte Furore wegen der darin treffend vollzogenen Gesellschaftsbeschreibung. Selbst der damalige Großmeister der deutschen Philosophie, Jürgen Habermas, war angetan über Sloterdijks Reflexionen über eine dekadente zynische Moderne. Die Aufklärung ist im Eimer, die christlichen Kirchen wirken als Parasiten einer pseudoaufgeklärten Gesellschaft, Politik versteht sich als Bestandswahrung sozialer Strukturen und die Freiheit des Individuums missrät zur Normierung des von Kapitalinteressen gegängelten Subjektes. Doch alle tun, als sei nichts geschehen. „Macht’s gut und Danke für den Fisch.“ (Douglas Adams) Wir fliegen weiter durchs Universum! Auf Wiedersehen im Kristallpalast. Wenn das mal kein  Zynismus ist, aber einer der Saft- und Kraftlosen.
Zynismus a la Diogenes war ursprünglich der Aufschrei des Lebens gegen die logische Narkose eines Platon, Aristoteles und aller sophistischen Wahrheitsapostel. Die Fortsetzung des Aufbegehrens gegen eine verkopfte Bevormundung auf Kosten der Vitalität, geschieht  durch Diderot und Co. mit ihrer Aufklärung, gegen die reaktionäre Dominanz von Kirche und Adel. Und was ist heute los? War die Tittenattacke auf Adorno ein vitalzynischer Aufschrei gegen die Dialektik der Aufklärung mittels nackter Haut? Leben wir eine offene Demokratie in Selbstverantwortung des Individuums, wie von Luther, Montesquieu, Voltaire und Kant gefordert? Oder sind wir nicht bei dem Generalzyniker Friedrich II („der Große“ ist ein Irrtum), der sich bekanntlich in einem Schreiben an d’Alembert über den „irren Pöbel“ mokiert, dem nur mit Staatsautorität beizukommen sei? Ja, das ist heute die Situation im bigotten protestantischen Merkelstaat. Es lebe das deutsche Biedermeier!

„Mit dem Zweiten sieht man besser“ und der Staatsfunk ZDF verteilt News und Reportagen in gut preußischer Königsartart für uns, den „Pöbel“. Die ARD vollendet diesen Regierungsauftrag als öffentlich rechtliche Pöbelmaßregelung. Was ist das dialektische Gegenteil von „öffentlich rechtlich“? „Intim und unanständig“? Alle „freien Medien“ hängen sich dran, wie Mascolo und sein vorgeblicher investigativer Journalismus. Ein investigativer Journalismus, der den Auftrag wahrnimmt, bloß keine dem Mainstream unangenehmen, dekuvrierenden Nachrichten bekannt werden zu lassen. So verstehe man die zynische Niedertracht des linkshysterischen Medienkonglomerats. („Linkshysterisch“ weil die Linke immer unbefriedigt  bleibt.) Bücher werden heute keine mehr verbrand, sie erscheinen einfach nicht und ihre Autoren landen auf dem Index von Amazon, Bertelsmann und Co. Wie erklärt Noam Chomsky uns den Voltaire? („Ich bin nicht Ihrer Meinung, bin aber bereit, mein Leben zu geben, damit Sie Ihre Meinung immer frei sagen können.“) „Freiheit der Meinung“ bedeutet, das zu tolerieren, was mir nicht in den Kram passt. Es geht nicht um die Tolerierung von Varianten im Universal von Technik, Kapital und veröffentlichtem Mediendienst. Da war man in der mittelalterlichen Scholastik schon mal weiter. Es gilt, das ganz Andere, mir kaum Erträgliche, zu tolerieren und zu respektieren.  Wer sich „alternativlos“ sieht, eröffnet bolschewistische Perspektiven der Parteiendiktatur und keine humanen freien Entwicklungen einer offenen Gesellschaft.
Wobei wir nun bei AfD, Pegida und Co sind. Sind es nicht fürchterliche von Ressentiment geladene Dadaisten?  Der sophistisch gebildete Bürger rümpft die Nase und füttert seinen Asylanten durch. Das Schweinefleisch haben ihm ohnehin schon die Veganerinnen ausgetrieben. Rauchen tut er nicht mehr und Alkohol trinkt er nur noch unter der Theke liegend. Des einen „Pöbel“ ist des anderen „Geschenk“. Das „Pack“ des Sozialdemokraten Gabriel ist des preußischen Königs „Pöbel“, welches gemaßregelt gehört (und deshalb SPD nicht mehr wählt). Philosophen, die unbotmäßig daher kommen, wie Sloterdijk und Safranski werden durch die philosophische Yellowpress aus Precht und Eilenberger (Philosophiemagazin) ausgetauscht.

Es wäre schön, wenn Pedigisten und Zuträger ihre Flüchtlingsattacken endlich einstellen und stattdessen die Merkels zurotzen würden. Da ständen sie dann im hellen Licht der Aufklärung a la Diogenes. Wo soll man noch argumentieren, wo zynische Borniertheit herrscht. Man darf sich nicht wundern. AfD und deren Schweinepriester können sabbeln, was sie wollen in unserer Zeit des wohlfeilen, bezahlten, Argumentes. Wo Erkenntnis so verbogen wird, bleibt alles verbogen. Der „Pöbel“ merkt es und ist sehr verstimmt. Er will nicht mehr belehrt werden mit dem, was er als Lüge (Lügenpresse) empfindet. Sollte dann doch einmal irgendwo Wahrheit stecken, glaubt man auch diese nicht. Der Bogen wurde (und wird noch) überspannt. Eine hysterische Linke kann es nie verstehen. Die glänzenste Theorie wird als Beschwichtigung aufgenommen. Die Götter von gestern und deren Stereotypen haben sich eigentlich erledigt. (Zumal wenn einer deren Vertreter, wie Bedford-Strohm, zum Unterricht an neuen Göttern aufruft, statt die eigenen zu bedienen.) Hier zeigt sich der Zynismus, den Sloterdijk kritisiert.
Vielleicht sollte man angesichts der heutigen Situation noch mal reinschauen, in die „Kritik der zynischen Vernunft“ und die sophistisch verlogene Gesellschaft (Boris Groys, „kommunistisches Postskriptum“) nach Strich und Faden zu düpieren?! Diogenes würde sich totlachen und die Toga schließen. Es geht nicht mehr, pseudoschlau daher zu faseln, während die prekären Verhältnisse zunehmen!!! Man muss dem zynischen Establishment gegen das Schienbein treten. (Eine Haltung, aus der sich auch der IS nährt.) Mich nerven besonders die kirchlichen Häretiker.